Mit einem Vorstoss bis auf fast 4500 Punkte gab es in der Vorwoche keine
großen Überraschungen, eher unerwartet war allerdings der Verlauf:
Zunächst wurde erneut die langfristige Aufwärtstrendlinie getestet,
bevor der DAX in der zweiten Wochenhälfte und da vor allem am Freitag
eine kräftige Rallye auf's Parkett legte. Per Saldo ein Plus von
100 Punkten oder 2,3 Prozent im Vergleich zur Vorwoche.
Damit ist der Index nun in den breiten Widerstandsbereich um 4500 Punkte
eingetaucht. Auffällig war dabei, dass am Freitag, wie schon zu Beginn
der Woche, die 4450 Punkte über weite Strecken die Obergrenze darstellten;
erst in der Schlußauktion konnte der DAX über diese Marke springen.
Am Montag wird sich also zunächst zeigen müssen, ob dieses Terrain
verteidigt werden kann, zumal Gewinnmitnahmen nach dem kräftigen
Anstieg vom Freitag nicht verwunderlich wären.
Mit dem Anstieg über das mittlere Bollinger Band auf Tagesbasis,
das erste Mal seit etlichen Wochen, hat sich zumindest die kurzfristige
Lage scheinbar aufgehellt. Kann sich der DAX oberhalb von 4450 Punkten
behaupten und mit einem Sprung über 4500 Punkte den Widerstandsbereich
hinter sich lassen, eröffnet sich weiteres Potenzial bis auf 4700
oder sogar 4870 Punkte. Jedoch bleibt zu beachten, dass das obere Bollinger
Band derzeit schon bei 4672 Punkten verläuft.
Aber auch mit kräftigen Kursgewinnen in die vorgenannten Regionen
würde sich so schnell nichts an der mittelfristig weiterhin negativen
Lage ändern. Der seit März 2000 bestehende Abwärtstrend
befindet sich aktuell noch bei über 5200 Punkten. Ein mögliches
Doppeltief, bestehend aus den Tiefpunkten von September und Juni, wäre
erst mit Überwinden der ~5500 Punkte vollendet. Daher bleibt die
derzeitige Erholung nach den in der Spitze mehr als 1500 Punkten Kursverlust
seit März zunächst nur als Gegenreaktion im Abwärtstrend
zu sehen.
Wachsamkeit ist geboten, falls der Index nun im Bereich um 4500 Punkte
hängen bleibt oder eine eventuelle ausgedehntere Erholung jäh
enden sollte. Dann könnte schnell ein Test der langfristigen Aufwärtstrendlinie
erfolgen, bei einem Durchrutschen nach unten wäre dann sogar ein
klares Verkaufsignal gegeben.
Insgesamt hängt der DAX gewissermassen in der Schwebe. Erholungspotenzial
ist durchaus noch gegeben und könnte, falls die Rallye eine Eigendynamik
wie am Freitag entwickelt, noch etliche hundert Punkte bringen. Ein Einstiegszeitpunkt
für mittelfristige Engagements ist aber noch nicht zu konstatieren.
Das Risiko, dass die aktuelle Aufwärtsbewegung nur ein letztes Aufbäumen
vor dem Bruch des mehr als 20jährigen Aufwärtstrends darstellt,
besteht weiterhin.
Wie fast befürchtet gelang es dem DAX nicht, sich oberhalb von 4450
Punkten zu etablieren. Mit den ab Wochenbeginn einsetzenden Kursverlusten
war die Bearmarketrallye bereits beendet, es folgten die für dieses
Szenario zu erwartenden Rückgänge in Richtung der langfristigen
Aufwärtstrendlinie.
Auch wenn der DAX am Mittwoch per Schlußkurs punktgenau auf der schwachen Unterstützung bei 4190 Punkten aufgesetzt hat, ist die Lage nun hochbrisant. Dafür sorgt nicht nur die schwache Entwicklung der US-Börsen, sondern auch die Tatsache, dass der Kursverlauf zuletzt den Eindruck einer Flagge im Abwärtstrend erweckt. Bei weiteren Rückgängen wäre diese Flagge nach unten verlassen und der langfristige Aufwärtstrend in ernster Gefahr. Auch der Stochastik, der gerade im überkauften Bereich ein Verkaufsignal generierte, macht wenig Hoffnung.
Nachdem der DAX zweimal, im September und im Juni, an dem seit 1982 bestehenden Abwärtstrend nach oben abprallen konnte, besteht nun höchste Gefahr, dass dieser Trend bricht! Kurzfristig müsste dann mit einem Test des Septembertiefs gerechnet werden, langfristig erschienen sogar Kurse um 2000 Punkte realistisch. Die Wende zum Positiven und eine kurzfristige Bodenbildung könnten nur schnelle Kursgewinne schaffen.
Strategie: Mit dem Scheitern an 4.500 aufgebaute puts bleiben haltenswert, der Stopp sollte recht eng bei 4.250 (Schlußkurs) gesetzt werden. Setzen sich die Verluste zum Wochenausklang fort, sind auch wieder mittelfristige long-puts interessant.
Autor: Oliver Schultze / Büro Dr. Schulz