Die vergangene Woche verhielt sich der DAX entsprechend der charttechnischen
Erwartungen. Der langfristige Aufwärtstrend wurde getestet und intraday
sogar deutlich unterschritten, konnte aber noch behauptet werden. Dies
führte anschließend zu einer Erholung, womit im Vergleich zum
Vorwochenschluß sogar ein Wochenplus von 150 Punkten oder 3,5 Prozent
verbucht werden konnte.
Die Gefahr einer weitreichenden Verschlechterung der Situation ist damit
vorerst gebannt. In dem ohnehin seit März 2000 bestehenden Abwärtstrend
wäre bei einem Bruch des seit 1982 gültigen Aufwärtstrends
wohl eine massive Verkaufswelle zu befürchten.
Ein Kaufsignal lässt sich gleichwohl noch nicht ableiten. Das Abprallen
an dem langjährigen Aufwärtstrend ist nicht verwunderlich, und
noch bieten sich keine Hinweise, ob es ähnlich wie im vergangenen
September zu einer kräftigen Erholung kommt, oder ob dies nur ein
letztes Aufbäumen der Bullen darstellt und der DAX schon bald doch
den Weg gen Süden antritt.
Der Zielbereich der aktuellen Erholung dürfte zunächst im breiten
Widerstandsbereich um 4500 Punkte liegen. Hält die Dynamik der letzten
Tage an und dieser Bereich kann übersprungen werden, ist eine Ausdehnung
der Gegenreaktion bis gut 4700 Punkte denkbar. Es sollte nicht vergessen
werden, dass noch keine untere Umkehrformation zu erkennen ist und daher
jederzeit wieder mit Rücksetzern zu rechnen ist. Zwar besteht nun
die Möglichkeit, dass sich mit den Tiefpunkten von September und
Juni eine Doppelbodenformation herauskristallisiert, diese wäre allerdings
erst mit einem Anstieg über das Verbindungshoch vom März bei
knapp 5500 Punkten vollendet - noch ein weiter Weg.
Da die in der Spitze über 400 Punkte und damit mehr als 10 Prozent
Gewinn in kaum mehr als 2 Tagen erneut eher der Charakteristik einer Bearmarketrallye
entsprechen, ist, wenn überhaupt, nur zu gedämpftem Optimismus
zu raten. 4500 Punkte sind in der kommenden Woche gut möglich, ein
deutlicher Anstieg darüber schon eher eine nette Zugabe. Dann könnten
Mitnahmen der schnellen Gewinne der letzten Tage den Index schon wieder
bröckeln lassen. Für die kommende Woche zwar kaum zu erwarten,
aber trotzdem hochgefährlich wäre ein Verlassen des langfristigen
Aufwärtstrends, wovon ab einem Schlußkurs unter 4000 Punkten
gesprochen werden müsste.
Nicht ganz erreicht werden konnte das Kursziel von etwa 4500 Punkten, der DAX zog bereits bei der unteren Begrenzung des breiten Unterstützungsbereichs den Kopf ein. Mit dem anschließenden Rückgang auf rund 4100 Punkte wurde der langfristige Aufwärtstrend ein weiteres Mal getestet.
Die etwas schwach ausgefallene Erholung lässt nun zwei Varianten zu: Einerseits kann dies als weiteres Schwächeanzeichen gedeutet werden, sozusagen als letztes Aufbäumen vor dem Bruch des langfristigen Aufwärtstrends. Dann wären in den kommenden Tagen nur noch geringe Kursgewinne denkbar, bevor der DAX deutlich unter 4000 Punkte abtaucht. Andererseits bietet die mühevolle Behauptung des Aufwärtstrends auch die Möglichkeit für eine etwas kräftigere Erholung, dann wäre die Bewegung der letzten Tage als eine Art sehr kurzfristige Bodenbildung zu deuten.
Ein eindeutiger Schluß ist derzeit noch nicht möglich, auch das Indikatorenbild ist zu uneinheitlich. Insofern ist lediglich eine aktuelle Range im Bereich zwischen 4100 und 4450 Punkten festzustellen. Ein Ausbruch aus diesem Bereich dürfte die weitere Richtung vorgeben - solange der Index innerhalb dieser Spanne verweilt, stehen weiter beide Möglichkeiten offen.
Strategie: Die Spekulation auf eine andauernde Erholung sollte dank enger Stopps längst beendet sein. Ein Positionstrade bietet sich in der derzeitigen Lage nicht an, dazu sollte zunächst der Ausbruch aus der obigen Handelsspanne abgewartet werden.
Autor: Oliver Schultze / Büro Dr. Schulz